Iglau (Jihlava) kann auf eine lange und reiche musikalische Tradition verweisen. Die erste Erwähnung einer örtlichen Singschule stammt aus dem Jahr 1571. Das Musikleben der Stadt am Ende des 16. Jahrhunderts wurde durch die „Meistersinger“ von Iglau, Organisten und Chormeister an den Kirchen St. Jakob und Mariä Himmelfahrt geprägt.
Im 19. Jahrhundert erhielt die Musik neue gesellschaftliche Dimensionen. Im Jahr 1819 wurde der Musikverein gegründet, dessen Mitglieder der städtischen Elite und der gebildeten Bürgerschicht angehörten. Besonders beliebt war die vokale Musik – im Jahr 1852 entstand der Männergesang-Verein.
Nach dem Revolutionsjahr 1848 erlebte Iglau zahlreiche Konzerte und Theateraufführungen, oft zu wohltätigen Zwecken. Musik erklang vor allem im neuen Stadttheater, das 1850 aus einem ehemaligen Kapuzinerkloster erbaut wurde. Auf dem Spielplan standen Opern, Operetten und Schauspiele, die in der ganzen Monarchie beliebt waren. Seit 1870 traf sich die musikliebende Gesellschaft auch im Saal des Hotels von Franz G. Czap (heute Dělnický dům).
Dieses lebendige kulturelle Umfeld bildete den Nährboden für die Entwicklung des außergewöhnlichen musikalischen Talents von Gustav Mahler.
Gustav Mahlers musikalische Begabung zeigte sich schon in früher Kindheit. Es heißt, dass er mit vier Jahren Klavier zu spielen versuchte und ein Jahr später den Marktfrauen auf einer kleinen Ziehharmonika „vorspielte“. Sein Vater erkannte das Talent seines Sohnes früh und förderte es gezielt.
Zu Mahlers ersten Lehrern gehörten tschechische Musiker der Stadtkapelle, darunter Jakub Sladký, Jan Brož und Jan Žižka vom Theaterorchester. Auch František Viktorin, Václav Pressburg (ein Schüler von Anton Bruckner) und František Sturm trugen zu seiner Entwicklung bei. Den größten Einfluss hatte jedoch Heinrich Fischer (1827–1917) – Regens chori an St. Jakob, Chorleiter des Männergesang-Vereins und eine zentrale Persönlichkeit des Iglauer Musiklebens. Mahler vergaß ihn nie und stand zeitlebens mit ihm in Verbindung.
Mahlers erstes öffentliches Auftreten fand am 13. Oktober 1870 im Stadttheater statt. Einige Tage später berichtete die Zeitung Vermittler über den „außerordentlichen Erfolg des zehnjährigen Sohnes eines jüdischen Kaufmanns, Mahler“.
Ein weiteres Konzert folgte am 11. November 1872, bei dem Mahler Liszt’s Variationen über Mendelssohns Sommernachtstraum spielte. Die Presse lobte seine „hervorragende Technik und den persönlichen Ausdruck“. Im Jahr 1873 hatte er Erfolg mit einer Fantasie über ein Thema aus Bellinis Norma von Thalberg – zunächst im Stadttheater, später erneut im Hotel Czap anlässlich des Jubiläums des Männergesang-Vereins.
Auch nach seinem Studium am Wiener Konservatorium kehrte Mahler gern in seine Heimatstadt Iglau zurück. Die örtlichen Institutionen nutzten die Anwesenheit des berühmten Musikers, um zahlreiche, oft wohltätige Konzerte zu veranstalten.
31. Juli 1876 – Konzert im Hotel Czap mit Richard Schraml
12. September 1876 – Auftritt mit Konservatoriumsschülern und Mitgliedern der Wiener Hofoper, Erlös für das Iglauer Gymnasium
24. April 1879 – Festkonzert zum 25. Ehejubiläum des Kaiserpaars
19. September 1882 – Leitung der Operette Boccaccio von Franz von Suppé
11. August 1883 – Benefizkonzert zugunsten des Roten Kreuzes, Begleitung der Geigerin Míla Ottová und Leitung der Operette Kaffeekränzchen