Anklang in der Welt

Bereits zu seinen Lebzeiten fand die Musik von Gustav Mahler auf dem Gebiet der heutigen Tschechischen Republik einen außerordentlich starken Anklang. Vor allem in Prag bildete sich ein bestimmter Kult heraus, was sicherlich mit der Tatsache zusammenhing, dass Mahler für einen Landsmann aus Böhmen gehalten wurde. Die ersten Kritiken bemerkten den „tschechischen“ Intonationshintergrund in Mahlers Kompositionen und die Tatsache, dass er eine Saison auch in Prag wirkte. Als Beleg dieser Prager „Mahlerei“ lässt sich anführen, dass hier 1908 die Premiere von Mahlers Siebter Symphonie stattfand und dass es hier bis zum heutigen Tag eine starke Mahlerische Tradition gibt, die nur durch die nationalsozialistische Okkupation unterbrochen wurde.

Aus der tschechischen Umgebung lassen sich folgende wichtige Persönlichkeiten nennen, die am Anfang des 20. Jahrhunderts und kurz nach Mahlers Tod wesentlich zur Verbreitung seines Werks beigetragen haben: Josef Bohuslav Foerster, Zdeněk Nejedlý, Autor der ersten tschechischen Monographie vom Jahr 1912 sowie Otakar Ostrčil. Auch wenn Mahlers Werk viele große Dirigenten interpretierten, schrieb sich der Chefdirigent der Tschechischen Philharmonie Václav Neumann am tiefsten in die Geschichte der Interpretation von Mahlers Werken ein, der eine bis heute hoch geschätzte Gesamtaufnahme von Mahlers symphonischen Werken einspielte und an den Feierlichkeiten zu Mahlers Geburtstag 1960 mitwirkte. Fast parallel zu Neumann und der Tschechischen Philharmonie nahm Rafael Kubelík mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks in München 1967–1971 die von der internationalen Musikkritik geschätzte Gesamtaufnahme von Mahlers Symphonien auf.

Nur eine unglaublich umfangreiche Studie könnte alle Interpretationen von Mahlers Musik erfassen und die Aufnahmen seiner Werke im internationalen Maßstab aufzeichnen. Am Anfang des 21. Jahrhunderts gibt es mit Ausnahme der Antarktis (und auch hier erklingt bestimmt seine Musik in einer der Polarstationen) keinen Kontinent, wo symphonische Orchester seine Werke nicht regelmäßig im Repertoire hätten. Eben sowenig wird man kaum einen Dirigenten finden, der in seiner Kariere nicht wenigstens ein Mal oder eher mehrere Male eines der Mahlers Werke dirigierte.

An dieser Stelle seien wenigstens einige der Persönlichkeiten genannt, die sich um die Verbreitung von Mahlers Werk verdient gemacht haben. An erster Stelle zu nennen ist Mahlers guter Freund, treuer Interpret und Dirigent seines Werks Bruno Walter (1876–1962). Ein weiterer großer Dirigent und Begründer der Tradition des Concertgebouw Orchestra in Holland war Willem Mengelberg (1871–1951). An seine „Mahlerei“ knüpfte auch Bernhard Haitink (1929–2021) an. Übrigens fand 1920 in Amsterdam eines der ersten Festivals von Gustav Mahler statt. Auf unvergessliche Art und Weise schrieb sich Leonard Bernstein (1918–1990) in die Geschichte der Mahler-Interpretationen ein, der 1960 mit der New Yorker Philharmonie mit der ersten Gesamtaufnahme aller Mahler-Symphonien im Stereoformat begann. Gerade er ließ mit seinen Aufnahmen und Aufführungen von Mahlers Musik bei seinen Gastauftritten eine neue Welle des Interesses für Mahlers Musik in Europa aufkommen. An Bernstein knüpft heute der Chefdirigent des San Francisco Symphony Orchestra Michael Tilson Thomas (*1944) an, dessen Aufnahmen von Mahlers Werken zu den wichtigsten in der Gegenwart gehören und bereits zahlreiche Preise gewannen. Michael Tilson Thomas widmet sich in seinem Programm Keeping score, genauso wie Leonard Bernstein, der Popularisierung von Mahlers Werken. Der Geschichte der Verbreitung von Mahlers Musik schloss sich auf bedeutende Art und Weise auch der Dirigent Claudio Abbado (*1933) an, als der 1986 das „Gustav Mahler Jugendorchestra“ gründete. Zu den Legenden gehören Mahlers Aufnahmen von Sir George Solti (1912–1997). Auch der Chef der Berliner Philharmoniker Sir Simon Denis Rattle (*1955) widmet sich der Aufführung und Aufzeichnung von Mahlers Werken sowie auch zahlreiche andere Dirigenten von Weltruhm.

prof. PhDr. Jiří Štilec, CSc.